Der schon 1912 gegründete, aber erst 1927 ins Vereinsregister eingetragene Briesener Sportverein hatte es geschafft, mit Energie, Hartnäckigkeit,Risikofreude und geneigten Sponsoren die erste Turnhalle auf dem Lande in der damaligen Westlausitz zu errichten. Der Verein hatte im Sommer 1927 die Zementwarenfabrik von Franz Lehnardt für 1 500 Reichsmark (RM) sowie die Feldbahn von der Fabrik zum Bahnhof Briesen der Spreewaldbahn nebst zwei Kipploren für 500 Reichsmark gekauft. Über das Gelände neben der Turnhalle wurde ein Pachtvertrag mit dem Freiherrn von Wackerbarth abgeschlossen.
Die Nähe zur Bahn war günstig. In der Einladung zur Hallenweihe wurden die Ankunfts- und Abfahrtzeiten von Cottbus beziehungsweise Lübben nach Briesen und zurück ausgewiesen.Für manchen der Teilnehmer war wahrscheinlich nur durch die Bahn die Möglichkeit gegeben, in kurzer Zeit und bequem nach Briesen zum Wettkampf zu kommen, denn weder die Zahl der Fahrräder noch die der Autos lässt sich mit heutigen Maßstäben messen.
In den Turnhallenbau flossen neben den ungezählten freiwilligen Arbeitsstunden der Briesener selbst private Spenden, wie zum Beispiel von der Vereinsbrauerei Cottbus, Mittel des Landkreises(200 RM) und der Regierung in Frankfurt/Oder (300 RM), aber auch ein durch den Vereinsvorstand verbürgter Kredit des Spar- und Darlehnskassen- Vereins in Höhe von 5 000 RM. Die Niederlausitzer Überlandzentrale baute, wie Albert Slomke in seiner Schulchronik berichtete, die Zuleitung von der Kolonie bis zur Turnhalle kostenlos, so dass die neue Turnhalle sogar mit elektrischem Licht versehen werden konnte.
Vorsitzender des Turnvereins war zu jener Zeit Heinrich Jawerka. Heinrich Kuschan war Kassenwart und Wilhelm Schlodder Schriftführer.
Der Kreisausschuss des Landkreises Cottbus hatte vor Bewilligung der öffentlichen Gelder einen Fragenkatalog nach Briesen geschickt. So geht aus den Dokumenten hervor, dass der Verein 1928 36 Mitglieder hatte, darunter zwölf Jugendliche bis 21 Jahren. Für fünf Jahre durfte der Verein die Fläche pachtfrei nutzen. Die Vereinsmitglieder trafen sich zweimal wöchentlich zu Übungszwecken, wobei durchschnittlich 20 bis 24 Turner anwesend waren.Da umfangreiche öffentliche Gelder in den Turnhallenbau geflossen waren,durfte die Briesener Schule die Halle auch für den Schulsport nutzen – ein Vorzug, den zu dieser Zeit kaum eine andere Dorfschule genoß.
Das „Cottbuser Kreisblatt“ widmete der Turnhalleneröffnung in Briesen einen umfangreichen Bericht:
„Turnhallenweihe in Briesen, Briesen, 3. Juni.
Am Sonnabend und Sonntag feierte der Turnverein ‚Frisch auf ‘ Briesen im Spreewald e.V. das Fest seiner Turnhallenweihe,verbunden mit gauoffenen Wettkämpfen. Überaus zahlreich waren aus dem gesamten Westlausitzgau die Vereine zu dieser Einweihung der ersten Turnhalle im Spreewaldbezirk erschienen.
Am stärksten beteiligt war der Turnverein Cottbus 61, der allein über 40 Wettkämpfer entsandte. Vorangemeldet waren insgesamt 180 Kämpfer,von denen 150 erschienen waren. Das Fest wurde am Vorabend durch einen Zapfenstreich mit anließendem Kommers eingeleitet, wo neben turnerischen und gymnastischen Übungen auch Gesänge und Volkstänze aufgeführt wurden. Am Festtage begannen schon um 9 Uhr die Wettkämpfe. Als Leiter war Turnlehrer Erich Janke, Cottbus 61, erschienen. Während des Festzuges durch das Dorf wurde am Kriegerdenkmal zu Ehren der im Weltkrieg gefallenen Turner ein Kranz niedergelegt. Die eigentliche Weihe begann um 14 Uhr und wurde durch den Gauvorsitzenden Marby – Cottbus vorgenommen, der dem Turnverein ‚Frisch auf ‘ Briesen als dem ersten sich im Westlausitzgau befindlichen ländlichen Verein, der eine eigene Turnhalle besitzt, eine Auszeichnung in Form einer Jahnplakette überreichte.Leider wurden die Wettkämpfe durch den einsetzenden Regen stark behindert.“
Es folgten die einzelnen Wettkampfergebnisse. Albert Slomke berichtete, dass der Briesener Verein in den Einzelwettkämpfen drei Siege errungen hat. Die meisten Sieger kamen aus dem Cottbuser Verein 61. Als 1955 mit der Briesener Schule auch eine neue moderne Schulturnhalle eingeweiht werden konnte, hatte die alte Halle ihre Funktion erfüllt. Sie diente bis zur Wende noch als Lagerhaus und wurde 1990 abgerissen.
Auf der Seite mit dem Bericht über das Sportfest zur Einweihung der Briesener Turnhalle gibt es – ähnlich wie heute –
im Nachrichtenteil zwei weitere Meldungen zu diesem Tag:
Unglücksfall beim Sportfest.
Während der gestrigen Turnhallenweihe
ereignete sich in der Wettkämpferabteilung
für Kugelstoßen leider ein Unglücksfall.
Einen jungen Zuschauer aus Gulben,
der sich versehentlich ziemlich nahe an
die Wurfbahn heranwagte, traf eine zehn
Kilogramm schwere Kugel gegen den Kopf.
Er fiel besinnungslos zu Boden.
Das herbeigerufene Krankenauto brachte den
Verletzten in das Cottbuser Krankenhaus.
Scheunenbrand
Am Sonntag Abend um 11 Uhr, als sich
fast das ganze Dorf auf dem Turnerball befand,
ertönte plötzlich Feueralarm.
Die beiden Scheunen des Großbauern Wilh.Chriske,
die nahe aneinander standen,brannten lichterloh.
Die Briesener und Striesower Feuerwehren konnten leider
nicht mehr viel helfen; die Scheunen brannten völlig nieder.
Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt.
Man nimmt Brandstiftung an.
Artikel aus dem "Stog - Der Schober"
Vielen Dank für freundliche Genehmigung an Frau Dr. Edeltraud Radochla
www.radochla-ruben.de